Neotektonische Höhlen entstehen durch die Kräfte des isostatischen Ausgleichs und die daraus resultierende langsame Aufwärtsbewegung der Erdkruste. Dieser Prozess ist eine Folge des Abschmelzens der Eisschilde nach der letzten Eiszeit, durch das das zuvor aufliegende Gewicht wegfiel.
Besonders typisch für Skandinavien, das während der Eiszeit von bis zu 3,5 Kilometer dicken Gletschern bedeckt war, zeigen diese Höhlen, wie die Kruste auf große Belastungen reagiert. Die Erdkruste „schwimmt“ auf dem oberen, teilweise plastisch verformbaren Mantel. Unter der enormen Last des Eises wurde die Kruste nach unten gedrückt, ähnlich wie ein Boot, das durch die Belastung eines Passagiers tiefer ins Wasser sinkt. Dieser Mechanismus wird als Isostasie bezeichnet – das Bestreben der Kruste, ein Gleichgewicht zwischen Schwerkraft und Auftrieb zu erreichen.
Vor etwa 8.000 Jahren, am Ende der letzten Eiszeit, schmolz das Eis innerhalb von geologisch sehr kurzer Zeit. Die Kruste wurde dadurch von der schweren Last befreit und begann sich langsam wieder nach oben zu bewegen – ähnlich wie ein Boot, das wieder aus dem Wasser steigt, nur deutlich langsamer. Diese Aufwärtsbewegung dauert bis heute an; moderne Satellitentechnik zeigt, dass die Erdkruste in Skandinavien jährlich mehrere Zentimeter aufsteigt.
Die aufsteigende Platte erzeugt enorme Kräfte im Gestein, die zu Beanspruchungen, Verwerfungen, Erdbeben und letztlich zur Entstehung von neotektonischen Höhlen führen. Der Name „neotektonisch“ verweist auf die Jugend dieser Höhlen: „Neo“ bedeutet neu, da sie innerhalb der letzten 8.000 Jahre entstanden sind – extrem jung im Vergleich zu den meisten Höhlen. Frühere Zwischeneiszeiten führten zwar ebenfalls zur Bildung neotektonischer Höhlen, diese wurden jedoch durch nachfolgende Vergletscherungen vollständig zerstört.
Neotektonische Höhlen sind somit ein faszinierendes Beispiel dafür, wie geologische Kräfte der jüngsten Erdgeschichte direkt zu neuen, noch lebendigen Strukturen in der Erdkruste führen.
Die Niedaltdorfer Tropfsteinhöhle, gelegen in der malerischen Region des Saarlandes, ist eine der faszinierendsten Naturattraktionen der Umgebung.
Die Oberfeldhöhle in Dienstedt ist eine beeindruckende Naturhöhle in Sachsen-Anhalt, die durch ihre geologischen Besonderheiten und ihre historische Bedeutung Aufmerksamkeit erregt.
Am 24. Oktober 1874 wurde die Olgahöhle von Johann Ziegler in einem Kalktuff-Steinbruch bei Honau entdeckt.
Die Osterhöhle ist eine beeindruckende Tropfsteinhöhle, die sich durch ihre faszinierenden geologischen Formationen und ihre historische Bedeutung auszeichnet.
Perlsinter ist eine seltene Varietät von Höhlensinter, die aufgrund ihres Aussehens auch als Blumenkohlsinter, Streuselkuchensinter oder Knöpfchensinter bezeichnet wird. Charakteristisch sind kurze, knöpfchenartige Auswüchse, die meist in Gruppen auftreten und Wand- oder Deckenflächen bedecken. Jeder Knopf besitzt einen dünneren Stiel oder Fuß und einen meist abgerundeten Kopf. Bruchflächen zeigen, dass der Sinter schichtweise aufgebaut ist, ähnlich wie Tropfsteinsinter, was nahelegt, dass er aus einem dünnen Wasserfilm abgeschieden wird. Im Gegensatz zu herkömmlichen Tropfsteinen wachsen die Knöpfchen jedoch in alle Richtungen und ignorieren die Schwerkraft.
Die Entstehung von Perlsinter ist weitgehend unbekannt, und es existieren zahlreiche Theorien, die bisher keinen abschließenden Konsens gefunden haben. Eine Theorie besagt, dass das dünne Wachstum an der Wand auf Temperaturunterschiede zurückzuführen ist: Die Wand selbst ist kälter, das Wasserfilmwachstum an der Wand langsamer, sodass sich die Knöpfchen ausbilden. Andere Vorschläge berücksichtigen Spritzwasser entlang von Höhlenbächen oder Tropfwasser, das aus großer Höhe auftrifft, wobei jedoch oft keine offensichtliche Spritzquelle vorhanden ist.
Einige Wissenschaftler vermuten, dass Perlsinter unter Wasser entsteht. Normalerweise bilden sich im stehenden Wasser rhomboedrische Kalzitkristalle, während Perlsinter jedoch seine charakteristische knöpfchenförmige Struktur ausbildet, was auf einen chemischen oder physikalischen Einfluss hinweist. Beobachtungen zeigen außerdem, dass Perlsinter häufig an Engstellen von Höhlengängen vorkommt, wo die Luftströmung stärker ist. Bisher existieren hierzu jedoch keine statistischen Daten oder detaillierte Studien. Eine weitere Theorie besagt, dass Perlsinter durch Verdunstung des Wasserfilms entsteht, statt durch CO₂-Abgabe wie bei klassischen Tropfsteinen.
In den letzten Jahrzehnten wird die Rolle biologischer Komponenten zunehmend berücksichtigt. Nanobakterien und Mikroorganismen im Tropfwasser können die Chemie beeinflussen und das Wachstum von Kalzitmodifikationen steuern. Viele Speläotheme, wie Poolfinger, lassen sich nur unter Einbeziehung biologischer Prozesse erklären. Für Perlsinter existiert jedoch noch keine gesicherte biologische Erklärung.
Ein alternativer Ansatz geht von periodischen Wasserstandsänderungen aus: Bei Überflutung wird jeweils eine dünne Kalzitschicht abgelagert, wodurch die geschichtete Struktur der Knöpfchen entsteht. Auch die Oberflächenspannung des Wasserfilms kann eine Rolle spielen: Wasser steigt dabei leicht am Knopf hoch, wodurch Kalk auf der gesamten Kopfoberfläche abgelagert wird. Experimente haben gezeigt, dass Perlsinter sowohl über Wasser als auch unter Wasser entstehen kann, was auf die Flexibilität der Entstehungsbedingungen hinweist.
Zusammenfassend gilt Perlsinter als eines der rätselhaftesten Speläotheme. Es gibt bislang keine abschließende wissenschaftliche Erklärung für seine Entstehung. Aufgrund der Vielzahl von Beobachtungen und der noch offenen Fragen stellt Perlsinter ein spannendes Forschungsfeld dar, das sich auch für weiterführende wissenschaftliche Arbeiten, wie z. B. Doktorarbeiten, anbietet.
Primärhöhlen entstehen zeitgleich mit dem Gestein, in dem sie sich befinden. Sie bilden sich in einer Phase, in der das Material noch flüssig, plastisch oder allgemein beweglich ist. Dadurch unterscheiden sie sich grundlegend von Sekundärhöhlen, die erst nach der Gesteinsbildung durch spätere geologische Prozesse entstehen. Primärhöhlen sind weltweit vergleichsweise selten und kommen vor allem in vulkanisch geprägten Landschaften vor.
Typische Beispiele für Primärhöhlen
Lavahöhlen:
Heute die bekannteste Form primärer Höhlen. Sie entstehen, wenn sich an der Oberfläche einer Lavaströmung eine feste Kruste bildet, während darunter weiterhin flüssige Lava abfließt. Sobald dieser Lavafluss versiegt, bleibt ein röhren- oder gangartiger Hohlraum zurück. Solche Lavaröhren können mehrere Kilometer lang werden und zeigen oft charakteristische Merkmale wie Stricklava, Lavabänke oder tropfenartige Erstarrungsformen.
Magmakammer- und Vulkanschlot-Höhlen:
Diese selteneren Primärhöhlen entstehen, wenn Magma aus Kammern oder Schloten zurückzieht oder aufgrund von Druckentlastung zusammenfällt und dabei Hohlräume hinterlässt. Sie sind meist kleiner und unregelmäßiger geformt als klassische Lavahöhlen und treten nur unter spezifischen vulkanischen Bedingungen auf.
Merkmale von Primärhöhlen
- Direkter Zusammenhang mit der Gesteinsbildung:
Die Hohlräume sind integraler Bestandteil des Prozesses, durch den das Gestein entstanden ist. Die Höhle ist somit ein geologisches „Fossil“ des Vulkanismus oder Magmaflusses.
- Formen geprägt durch Fließverhalten und Erstarrung:
Struktur, Größe und Raumgeometrie sind unmittelbar durch das Verhalten der Lava oder des Magmas bestimmt. Dies führt zu charakteristischen Mustern wie erstarrten Fließstrukturen, glatten Wänden oder blasenartigen Hohlformen.
- Verglichen mit Sekundärhöhlen selten:
Primärhöhlen machen weltweit nur einen kleinen Anteil der Höhlen aus, da für ihre Entstehung sehr spezifische vulkanische Bedingungen notwendig sind. Die weitaus meisten Höhlen sind sekundärer Natur und entstehen deutlich später durch Lösung, Erosion, Frostsprengung, Tektonik oder Eis.
Die Reckenhöhle in Nordrhein-Westfalen ist eine der faszinierendsten natürlichen Sehenswürdigkeiten der Region und zieht Besucher mit ihrer einzigartigen Tropfsteinlandschaft und geheimnisvollen Unterwelt an.
Die Saalfelder Feengrotten zählen zu den farbenprächtigsten Schauhöhlen der Welt und gehören zu den bekanntesten Natursehenswürdigkeiten Thüringens.
Sandsteinhöhlen wurden lange Zeit ausschließlich als mechanisch entstandene Hohlräume betrachtet – verursacht durch tektonische Bewegungen, Einsturzprozesse, Kluftbildung oder durch Erosion durch Wind, Wasser und Brandung. Diese Formen existieren tatsächlich und sind im Sandstein aufgrund seiner meist geringen Härte besonders häufig. Sandstein ist vergleichsweise weich und leicht erodierbar, weshalb sich zahlreiche typische Erosionshöhlen in diesem Gestein finden.
Erst in den letzten Jahrzehnten setzte sich jedoch die Erkenntnis durch, dass auch Karstprozesse in Sandstein möglich sind. Zu Beginn sprach man noch ungenau von Pseudokarst, da die Prozesse nicht eindeutig in das klassische Kalkkarst-Schema passten. Mit der Entdeckung gewaltiger Karsthöhlen in den Quarzitmassiven der venezolanischen Tepuis – entstanden durch echte Korrosion – wurde deutlich, dass karstische Höhlenbildung auch in scheinbar nicht löslichen Gesteinen stattfinden kann. Diese Befunde führten dazu, dass Sandsteinkarst heute wissenschaftlich anerkannt ist.
Die zugrunde liegenden Prozesse entsprechen nur dann dem klassischen Kalkkarst, wenn der Sandstein selbst einen hohen Anteil an karbonatischen Bindemitteln enthält. Doch selbst bei nahezu quarzitischen, wasserunlöslichen Sandsteinen kann es durch besondere Eh/pH-Bedingungen des Wassers zu Lösungsprozessen kommen. Entscheidend ist: Von Karst spricht man immer dann, wenn Höhlen primär durch Korrosion, also durch chemische Lösung des Gesteins entstehen – unabhängig vom genauen Mineralbestand.
Die Schellenberger Eishöhle ist eine der beeindruckendsten Natursehenswürdigkeiten im Berchtesgadener Land und zieht Besucher aus aller Welt an.
Schilde, auch als Scheiben bezeichnet, sind seltene Tropfsteinbildungen, die nur in wenigen Höhlen vorkommen. Besonders bekannt ist die Lehman-Höhle in den USA, in der über 500 Schilde dokumentiert wurden, während die meisten Höhlen nur einzelne Exemplare aufweisen.
Aussehen und Form
Schilde wirken wie große, scheibenförmige Platten, obwohl sie selten einen vollständigen Kreis bilden. Sie sind an ihrem hinteren Ende an der Höhlenwand befestigt und ragen in einem Winkel zwischen 10° und 60° nach vorne, wobei etwa 30° üblich sind. Die Platten sind fast kreisförmig oder elliptisch, meist bis zu einem Meter im Durchmesser und etwa zwei Zentimeter dick. Ihre Oberfläche zeigt konzentrische Ringe, die den Schichtaufbau anderer Tropfsteine widerspiegeln. In einigen Fällen wachsen vom Schild Sinterfahnen nach unten, ähnlich wie bei wasserfallartigen Tropfsteinen, jedoch entstehen niemals Tropfsteine direkt auf der Schildfläche selbst.
Struktur
Ein markantes Merkmal von Schilden ist ihre doppelte Plattenstruktur: Sie bestehen immer aus zwei parallelen, jeweils etwa einen Zentimeter dicken Schichten, getrennt durch einen Mittelspalt. Dieser Spalt entsteht durch Wasser, das mittels Kapillarkräften durch die Platte sickert.
Entstehung
Schilde bilden sich an fast horizontalen Rissen im Gestein, durch die Wasser austritt. Das in der Spalte stehende Wasser erzeugt einen flachen „Wasserdamm“, der durch Oberflächenspannung zusammengehalten wird. Kohlendioxid entweicht an die Höhlenluft, wodurch im Wasser gelöster Kalk langsam ausfällt und kleine Kalzitkristalle bildet. Diese Kristalle haften an den Dämmen und sorgen für das Wachstum der parallelen Platten.
Mit der Zeit entwickeln die Dämme eine kreisförmige Form, da das Wasser entlang des Risses fließt und an den ersten Stellen des Schildrands die Wachstumsrate am höchsten ist. Die gleichmäßige Entfernung vom Wasseraustritt zum Rand führt zu den typischen fast symmetrischen Scheibenformen.
Bedingungen für die Bildung
Für die Entstehung von Schilden ist ein extrem langsamer, aber konstanter Wasserfluss erforderlich. Bei höheren Wassermengen fließt das Wasser über die Ränder hinaus, wodurch unter dem Schild Kalkablagerungen entstehen und typische Tropfsteine darunter wachsen.
Schilde zählen somit zu den außergewöhnlichsten Tropfsteinformen in Höhlen und zeichnen sich durch ihre seltene Erscheinung, komplexe Entstehung und ihre charakteristische Doppelschichtstruktur aus.
Die Schillat-Höhle, auch bekannt als Schillathöhle, ist eine beeindruckende Tropfsteinhöhle im Harzvorland bei Blankenburg in Sachsen-Anhalt.
Die Schlossberghöhlen im Saarland sind ein faszinierendes Natur- und Kulturdenkmal, das Besucher in die geheimnisvolle Unterwelt der Region entführt.
Das Schulerloch ist eine beeindruckende Tropfsteinhöhle in Deutschland, die besonders durch ihre spektakulären geologischen Formationen und ihre historische Bedeutung fasziniert.
Die Segeberger Kalkberghöhle ist eine faszinierende Tropfsteinhöhle in Bad Segeberg, Schleswig-Holstein, die jährlich zahlreiche Besucher anzieht.
Sekundärhöhlen sind Höhlen, die nach der Entstehung des sie umgebenden Gesteins gebildet wurden. Der Begriff Postgenetische Höhle ist ein Synonym und stammt von der lateinischen Übersetzung für „später als das umgebende Gestein“. Anders als Primärhöhlen, die zeitgleich mit der Bildung des Gesteins entstehen, bilden sich Sekundärhöhlen in einer späteren Phase, oft Millionen von Jahren nach der Entstehung des Gesteins. Ein typisches Beispiel sind Höhlen in 200 Millionen Jahre altem Jurakalkstein, die sich erst in den letzten 2 Millionen Jahren entwickelt haben.
Historischer Hintergrund
Die Unterscheidung zwischen Primär- und Sekundärhöhlen stammt aus dem 19. Jahrhundert. Damals beobachteten Geologen, dass manche Höhlen bereits bei der Gesteinsbildung angelegt werden, während andere deutlich jünger sind. Diese Einteilung hat sich bis heute gehalten, auch wenn sie in der Praxis nur bedingt hilfreich ist: Über 90 % aller Höhlen sind Sekundärhöhlen, während Primärhöhlen eher die Ausnahme darstellen. Dennoch dient der Begriff als grundlegende charakterisierende Klassifikation in der Höhlenforschung.
Entstehungsprozesse
Die Definition von Sekundärhöhlen gibt keine Auskunft über den genauen Entstehungsmechanismus. Typische Prozesse, die zur Bildung führen, sind:
- Lösungshöhlen: Der Abtransport von Gestein erfolgt durch chemische Auflösung, meist in gelöster Form. Dies ist der häufigste Typ von Sekundärhöhlen, besonders bei Karsthöhlen.
- Erosionshöhlen: Das Gestein wird mechanisch abgetragen, z. B. durch Wasser, Wind oder andere physikalische Prozesse.
- Tektonische Höhlen: Entstehen durch Bewegungen von Gesteinspaketen, die Hohlräume freilegen.
- Exotische Typen: In seltenen Fällen können Höhlen durch den Abtransport von Material durch Tiere entstehen (Tierbau).
Über 90 % aller Sekundärhöhlen sind Lösungshöhlen mit zusätzlichen Erosionsprozessen, die als Karsthöhlenbezeichnet werden.
Chemische und physikalische Faktoren
Die Art und Weise, wie das Gestein aufgelöst oder abgetragen wird, hängt von mehreren Faktoren ab:
- Chemie des Gesteins und des Wassers: Kalkstein wird häufig durch leicht saures Wasser (CO₂-haltig) gelöst, während andere Minerale andere Lösungsmechanismen benötigen.
- Temperatur und Druck: Wärme beschleunigt chemische Reaktionen und kann die Bildung von Höhlen in tieferen Schichten fördern.
- Hydrothermale Prozesse: Bei sogenannten hypogenen Höhlen wirkt chemische und biochemische Lösung auf Basis von Schwefel, oft in warmem oder heißem Wasser, als treibende Kraft der Höhlenbildung.
Die Prozesse können oberflächen- oder tiefenbasiert ablaufen:
- Epigene Höhlen: Entstehen durch Wasser von der Oberfläche, typischerweise CO₂-haltiges Wasser.
- Hypogene Höhlen: Bilden sich in der Tiefe durch chemische oder hydrothermale Prozesse, unabhängig von der Oberflächenzufuhr.
Bedeutung
Sekundärhöhlen sind von großer geologischer, biologischer und touristischer Bedeutung. Sie liefern Einblicke in die geochemische Entwicklung des Gesteins, die tektonische Geschichte und die Umweltbedingungen der Region. Ihre Entstehung über lange Zeiträume macht sie zu einzigartigen Zeugnissen geologischer Prozesse und zur Grundlage für die Klassifikation und Erforschung von Höhlen weltweit.
Sinter ist ein mineralischer Niederschlag, der sich durch Ausfällung von gelösten Stoffen aus Wasser bildet, das durch Risse, Spalten oder über Oberflächen in Höhlen fließt. In Karsthöhlen besteht Sinter meist aus Calciumcarbonat (CaCO₃), also Kalzit oder Aragonit, seltener auch aus Gips oder anderen Mineralen. Der Begriff Sinter wird dabei für alle Ablagerungen verwendet, die durch chemische Ausfällung ohne direkte biologische Beteiligung entstehen.
Die Bildung von Sinter hängt stark von den physikalischen und chemischen Bedingungen des Wassers ab. Zentral ist dabei der CO₂-Gehalt des Wassers: Tropfwasser aus der Höhlendecke enthält oft Kohlendioxid in gelöster Form, das es erlaubt, Kalk im Wasser zu lösen. Sobald das Wasser an der Höhlenluft austritt oder verdunstet, entweicht CO₂, und der Kalk fällt als feiner Niederschlag aus. Dieser Prozess kann an Decken, Wänden, Böden oder über Felsen hinweg stattfinden und erzeugt eine Vielzahl von Formen: Stalaktiten, Stalagmiten, Sinterbecken, Sintervorhänge oder Sinterplatten.
Sinter zeigt oft eine charakteristische Schichtung oder Maserung, die die Wachstumsphasen über lange Zeiträume dokumentiert. Je nach Mineralzusammensetzung, Wassermenge und Strömung kann Sinter hart und kompakt sein oder locker und porös bleiben. Sinter kann sich langsam über Jahrtausende aufbauen, wobei einzelne Tropfen Schichten von wenigen Millimetern erzeugen.
Besonders interessant ist die mikroskopische Struktur von Sinter. Unter dem Mikroskop erkennt man feine Kristallnadeln oder Plättchen, die sich in komplexen Mustern anordnen. Diese Strukturen geben Hinweise auf die Wasserchemie und die physikalischen Bedingungen während der Bildung, wie Temperatur, Fließgeschwindigkeit und CO₂-Gehalt.
Sinter ist nicht nur geologisch interessant, sondern auch biologisch. An seinen Oberflächen können Mikroorganismen siedeln, die die Ablagerung von Mineralen beeinflussen oder sogenannte Bio-Sinter bilden. Solche biologisch geprägten Sinterschichten finden sich häufig in schwefelhaltigen Höhlen, heißen Quellen oder kalkreichen Bächen.
Insgesamt gilt Sinter als eines der zentralen Speläotheme in Karsthöhlen. Er dokumentiert den chemischen Austausch zwischen Wasser, Gestein und Luft über lange Zeiträume und trägt entscheidend zur morphologischen Vielfalt von Tropfsteinlandschaften bei. Neben seiner wissenschaftlichen Bedeutung ist Sinter auch ästhetisch wertvoll, da er filigrane und oft beeindruckende natürliche Strukturen bildet, die in vielen Showhöhlen bewundert werden.
Sinterbecken sind seltene, aber faszinierende Tropfsteinformationen, die durch fließendes Wasser in Karsthöhlen entstehen. Sie bilden sich, wenn Wasser über einen flachen Hang oder eine leicht geneigte Fläche läuft und dabei eine dünne, gleichmäßige Wasserschicht ausbildet. Durch den großen Kontakt zwischen Wasseroberfläche und Höhlenluft findet ein intensiver Gasaustausch statt: Das Wasser gibt Kohlendioxid (CO₂) ab, wodurch der im Wasser gelöste Kalk ausfällt und sich auf der Wasseroberfläche und an den Rändern der fließenden Wasserschicht ablagert.
Die Ausbildung der typischen Beckenform wird durch die Dynamik der Wasserbewegung beeinflusst. Kleine Unregelmäßigkeiten im Gestein erzeugen winzige Wellen auf der Wasseroberfläche. Auf diesen Wellen bildet sich zunächst eine dünne Kalkhaut, die durch die Bewegung des Wassers an den Beckenrand transportiert wird. So wächst das Becken hauptsächlich an den Rändern, während der Boden weitgehend frei von Kalkablagerungen bleibt. Diese Randablagerungen bilden im Laufe der Zeit stabile Ränder, die bei aktiven Becken nur wenige Zentimeter bis Dezimeter dick sein können, während die Becken selbst mehrere Dezimeter bis über einen Meter tief werden.
Sinterbecken entstehen häufig in kleinen Seitengängen, wo die Wasserzuflüsse gering und das Wasser besonders klar ist. In Flusshöhlen ist die Entstehung auf Zeiten mit minimalem Sedimenttransport beschränkt, da sonst die Becken mit Sediment aufgefüllt würden. Sind die Zuflüsse verstopft oder versiegt das Wasser, können die Becken langfristig trockenfallen. Solche Becken werden dann als inaktiv oder fossil bezeichnet. Trotz fehlender Wasserversorgung behalten die Ränder häufig ihre Form und sind durch die hohe Luftfeuchtigkeit nur langsam von Verdunstung betroffen.
Die Form der Sinterbecken kann variieren: Sie erscheinen meist bogenförmig, mit sanft geschwungenen Rändern, und können nebeneinander in Kaskaden auftreten, wobei das Wasser von einem Becken ins nächste fließt. In manchen Höhlen sind die Becken mit Höhlenperlen kombiniert, da die Voraussetzungen für deren Bildung ähnlich sind – sauberes, kalkhaltiges Wasser, langsam fließend über eine leichte Neigung.
Sinterbecken gehören zu den selteneren Speläothemen und gelten als besonders empfindliche und beeindruckende Strukturen innerhalb von Karsthöhlen. Sie sind nicht nur ein Indikator für stabile hydrologische Bedingungen, sondern auch ein Beispiel für die komplexen Wechselwirkungen zwischen Wasserbewegung, chemischer Ausfällung und geologischen Gegebenheiten. Ihre Bildung erfordert ein feines Gleichgewicht aus Wasserzufluss, Gefälle und Wasserqualität, weshalb große, perfekt ausgebildete Sinterbecken in Höhlen als geologisch wertvoll und ästhetisch besonders herausragend gelten.